Sechs junge Autoren – Newcomer die einen, arrivierte Literaturpreisträger die anderen – traten in einer langen Lesenacht im Café der Stadtbücherei zum Lesemarathon an. Texte von ihnen sind jüngst in der kleinen Anthologie Trollblumen erschienen, die vom Förderkreis deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg als Book on Demand und Beginn einer kleinen Reihe herausgegeben wurde. Thaddäus Troll, auf den sich der Titel des Bändchens bezieht, verpflichtet sind sie alle – leben und arbeiten sie doch in Baden-Württemberg und teilen sich die Anerkennung eines Arbeitsstipendiums vom Förderkreis. Auch die in Esslingen wohnenden Autorinnen Ulrike Dietmann und Anna Breitenbach, Thaddäus-Troll-Preisträgerin von 2001, waren mit von der Partie. Die Buchpremiere der Trollblumen, erweitert durch Prosatexte aus Romanen der Teilnehmer, bot drei Stunden reinstes Lesevergnügen.

Markus Orths, der als freier Autor in Karlsruhe lebt, erzählt in Der Krakenkampf gleich zwei unglaubliche Geschichten. Woher hat der Ich-Erzähler die riesige Narbe auf seinem Bauch? In rasanter Geschwindigkeit vermischt der Ich-Erzähler, ein moderner Münchhausen, die pseudoreale, von der Biotechnik ermöglichte Geburt seiner Tochter mit dem irrealen, aber viel eher geglaubten Kampf mit einem Riesenkraken – ein ironischer Versuch über Wahrheit und Fiktion.

Um die Wahrheit geht es auch in dem Roman Die Fälscherin von Beate Rygiert. Sophie hat als Restauratorin Bilder der Renaissance-Künstlerin Sofonisba Anguissola gefälscht und geht dafür ins Gefängnis. Ihr Geheimnis ist, dass sie tatsächlich die gesamte Persönlichkeit und die Erfahrungen Sofonisbas teilt. Gleichzeitig spannender Schmöker und intellektuelles Abenteuer, verspricht der Roman anregende Lesestunden vor dem Kamin.

So üppig und prallvoll mit Bildern es bei Beate Rygiert zugeht, so düster und beklemmend eng erscheint Thorsten N. Siches Kurzgeschichte Diese Nacht noch. Zeit- und Realitätsebenen verschieben sich in dieser Studie über Trennung, Sucht und Überforderung.

Die Autorin Anna Breitenbach ist hier schon durch einige Lesungen hervorgetreten. Ihre Kurzgeschichte Die kleinen Jahre thematisiert wie ihr Roman Fremde Leute in klaren, authentischen Bildern ihre Kindheit. Erfahrungen von Gewalt schieben sich dabei über die idyllischen Bilder der Heu- und Kartoffelernte.

Das Dorf als abgeschlossene Vergangenheit bei Anna Breitenbach bestimmt in Stephan Valentins Geschichte Das Tor die reale Gegenwart eines Kindes. In atmosphärisch dichten Bildern erzählt Valentin, der in Paris Kinderpsychologie studiert hat, von der Erfüllung eines Traums. Das verschlossene Tor zum Hof der verschrobenen Baronin öffnet sich für ein strahlendes Fest. Alles geht gut aus in diesem literarischen Versuch über die Möglichkeit von Schönheit und Hoffnung in Zeiten der Post-Postmoderne.

Ein ironisch-lakonisches Gegenbild setzt Ulrike Dietmann mit ihrer Kurzgeschichte Das Geheimnis des Erfolgs, die auf beinahe kafkaeske Weise die Vorurteile einer Modejournalistin in New York bestätigt. Kakerlaken sind überall!  Esslinger Zeitung



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