INHALT

Der Ameisenfeind

 

Ein trostloses Kaff auf dem Lande, brütend unter sommerlicher Hitze. Hier kommt Jonas, ein kleiner Junge, mit seiner Mutter nach fluchtartiger Reise an. Nahezu sekundiös lässt er uns seinen Aufenthalt miterleben. Das Heimatdorf ist nicht das erhoffte Refugium: Die bigotten Einheimischen verbergen ihre Ablehnung nicht; die Grossmutter ignoriert Jonas schlichtweg, ist nur ein Schatten hinter der Milchglastür, ein Pochen ihres Krückstocks. Auch die eifersüchtig geliebte Mutter entgleitet Jonas immer mehr. Seine Enttäuschungen lassen Jonas ins Fiktive fliehen. Frustration und Verzweiflung brechen immer häufiger in Aggressionen aus ihm heraus. Als dann die frühreife Sarah mit den drei Zöpfen Jonas zu einer gefährlichen Aktion überredet, wird ihre Rache an der Erwachsenenwelt aufs Furchtbarste vergolten.
 
Wie bereits in Stephan Valentins preisgekürter Kurzgeschichte Der Taubenturm, wird die Handlung ungebrochen aus kindlicher Perspektive geschildert. Gerade das für das Kind Unbegreifliche, Unausgesprochene, lässt sich dabei zwischen den Zeilen erahnen und hält uns gemeinsam mit Jonas in einer Atmosphäre düsterer Bedrohung gefangen. Und wenn Jonas dem auf ihm lastenden Druck mit sadistischen Versuchen an Insekten Luft macht, dann wird dies auf subtile Weise zum Spiegel der weitaus beängstigenderen Grausamkeit der Erwachsenen. Stephan Valentin gelingt es auf raffinierte Weise, seine Geschichte in glaubhaft kindlicher Sprache zu erzählen und gleichzeitig Bilder von expressionistischer Kraft zu erzeugen. Die Handlung treibt er konsequent voran, sie scheint einer inhärenten Dynamik zu folgen, die das brutale Ende unausweichlich macht. Automatisch wird man bei der Lektüre in den Sog der eskalierenden Ereignisse gerissen.

 

 



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